Empörung über DoRo
(Vienna online, 28.1.99)
Falcos Mutter spricht im Interview über die posthume Vermarktung ihres Sohnes und über ihre Entäuschung über Dolezal und Rossacher.
Vor einem Jahr starb Österreichs größter Popstar. Ein Autounfall in der Dominikanischen Republik beendete die Karriere von Falco, der mit „Rock Me Amadeus“ die Spitze der amerikanischen Charts erobert hatte. In den vergangenen zwölf Monaten wurde viel über den Künstler und die Umstände seines Ablebens geschrieben. Sensationsberichte haben Falcos Mutter fast genauso belastet „wie die Tatsache selbst, daß Hans nicht mehr lebt.“ Damit müsse sie sich nämlich abfinden, sagte Maria Hölzel (73) im Interview mit der APA. Nachsatz: „Ich glaube aber nicht, daß ich schon so weit bin.“
Frage: Frau Hölzel, nach dem Tod ihres Sohnes mußten sie ihre Trauer in der Öffentlichkeit aufarbeiten. Es fanden Plattenpräsentationen und Ehrungen statt, die Medien wollten ständig Kommentare von ihnen – war das eine große Belastung?
Antwort: „Nein. Es gibt im Leben so viele Sachen, die unbedingt passieren müssen. Der Tod ist etwas weit voraus Geplantes, an dem niemand etwas ändern kann. Jedem Menschen ist sein Lebensweg vorgeschrieben. Leider Gottes muß ich zur Kenntnis nehmen, daß der meines Sohnes nur so kurz ausfiel. Das war seine Bestimmung. Manche Dinge, die nach dem Unfall passiert sind, hätte man sehr wohl vermeiden können. Es gibt eben leider sensationslüsterne Medien, die gerne aufbauschen.“
Frage: Es gab Diskussionen über den Autopsie-Bericht, die angeblich festgestellten Mengen an Drogen variierten extrem. Was sagen sie dazu?
Antwort: „Die Zeitschrift mit den vier Buchstaben hat alles ganz genau gewußt… Aber es kommt sicher die Zeit, wo ich das alles widerlegen werde. Daß Hans betrunken war, stimmt auf keinen Fall.“
Frage: Welche Gefühle hegen sie gegenüber dem Busfahrer, der Falcos Jeep gerammt hat?
Antwort: „Er ist eindeutig zu schnell gefahren. Es handelt sich um eine schnurgerade Strecke, die ich selbst kenne. Wenn der Bus in einem solchen Tempo kommt, dann ist alles zu spät – egal, ob Hans betrunken war oder nicht. Ich kann aber nicht sagen, daß ich eine Wut gegenüber dem Busfahrer empfinde. Ich möchte ihn nicht belasten, denn das ist er schon genug. Den Unfall wird er sein ganzes Leben nicht verkraften.“
Frage: Trost kam von zahlreichen Seiten, viele haben sich als Falcos Freunde bezeichnet…
Antwort: „Hans hat immer wieder erklärt, die richtigen Freunde könne man an einer Hand abzählen. Ich glaube zu wissen, wen er gemeint hat. Diese Leute stehen zu mir, sie sind immer für mich da.“
Frage: Ihre Erfahrungen mit Fans?
Antwort: „Ich hätte nicht geglaubt, daß so viele Menschen so positiv zu meinem Sohn stehen. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht angesprochen werde. Am Friedhof treffe ich immer wieder Leute an seinem Grab. Manchmal kommen sogar Reisebusse mit Frauen im Alter von 40 bis 60 Jahren. Die kannten weniger seine Musik, mögen Hans aber wegen seiner Persönlichkeit. Aus Deutschland hat mich einmal ein siebenjähriger Bub angerufen, der ein Falco-Fan ist und meine Stimme hören wollte. Das war bewegend.“
Frage: Das Phänomen Falco ist offenbar nicht auf seine Heimat beschränkt…
Antwort: „Nein. Vor kurzem waren zwei junge Burschen aus Litauen am Grab. Die haben Blumen hingelegt und eine Kerze angezündet. Sie haben mich erkannt und mich angesprochen. In gebrochenem Deutsch haben sie mir erzählt, daß Falco für sie ein ,Gott’ gewesen ist.“
Frage: Empört waren Sie über die Selbstmordtheorie in dem Buch „Hoch wie nie“ von Rudi Dolezal und Hannes Rossacher (DoRo).
Antwort: „Ich war der Meinung, DoRo würden ein gutes Buch schreiben. Die haben sich ja gekannt, außerdem war ihre Video-Dokumentation über das Leben meines Sohnes wirklich fantastisch. Ich hätte mir vorgestellt, daß man Falco als Kunstfigur, als Musiker und als Lyriker beschreibt. Er hat ja viele Sachen in sich vereint, mein Sohn war ja nicht der Franz von nebenan. Hans sollte daher als Persönlichkeit dargestellt werden – seine Schwächen gehören natürlich dazu, ich habe kein Märchenbuch erwartet. Das hätte seinen Charakter gar nicht zur Geltung gebracht. Aber was letztendlich herausgekommen ist, finde ich nicht gut.“
Frage: Haben Sie die „Romanbiografie“ gelesen?
Antwort: „Nein, und ich werde es auch nicht tun. Aber jeder, mit dem ich darüber gesprochen habe, war über das Werk entsetzt. Viele Menschen finden das Buch total scheußlich, wie sie mir am Telefon versichern. Ich bekomme nämlich viele Anrufe – mehr aus Deutschland als aus Österreich. Auch Musikerkollegen sind entsetzt. Sie haben mir gesagt, das Buch sei eine Gemeinheit. So bitte nicht – daß man nur daran verdienen will.“
Frage: Wie haben DoRo auf Ihre Kritik reagiert?
Antwort: „Rudi hat mich gefragt, was mir nicht gefällt. Ich habe ihm vorgeschlagen, das Buch seiner Mutter zum Lesen zu geben. Sie soll sich in meine Rolle versetzen und dann sagen, was sie davon hält. Er hat sich damit nur selber geschadet. Wenn man sich als Blutsbruder bezeichnet und dann so schreibt, kann das nur böses Blut bringen.“
Frage: Dem geplanten Falco-Film stehen sie daher auch skeptisch gegenüber?
Antwort: „Wenn es zu einem Film kommt, dann darf das nicht ausarten wie das Buch. So lange ich lebe, werde ich mich gegen Dinge einsetzen, die nicht in Ordnung sind.“
Frage: Mit „Privacy Falco“ kam ein wunderschöner Bildband in den Handel. Trotzdem gab es auch damit Probleme…
Antwort: „Das Foto-Buch ist sehr gut geworden, allerdings ist der Verleger nicht fähig, es richtig zu vermarkten. Ein, zwei Reklamen – das kann’s doch nicht sein. Er ist auch nicht gewillt, die Rechte an mich abzutreten.“
Frage: Es schlummern unveröffentlichte Falco-Aufnahmen in den Archiven. Sollen diese Lieder irgendwann veröffentlicht werden?
Antwort: „Ja, aber wir haben Zeit. Es muß nicht alles auf einmal auf den Markt kommen. Es gibt Songs, die seinerzeit der Plattenfirma weniger gefallen haben. Es ist nicht notwendig, dieses Material jetzt sofort zu veröffentlichen. Da habe ich schon ein bisserl zum Mitreden.“
Frage: Ist die Frage der Hinterlassenschaft bereits geklärt?
Antwort: „Leider noch nicht, weil der Herr Papa nicht weiß, was er will. Ich würde mir eine rasche Klärung wünschen – egal mit welchem Ergebnis. Ich kann ja nichts mehr verlieren, denn verloren habe ich eh schon alles.“
Das Interview führte Wolfgang Hauptmann/APA (28.1.99)