Bericht: FALCO in concert | 40 Jahre „Rock Me Amadeus“

Größe als Vermächtnis
28.11.2025 | Wien-Gasometer
FALCO In Concert – LIVE On Screen | Original Band

Mit einer fulminanten Bühnenshow feierte die FALCO Original Band am 28.11.2025 das Finale ihrer „FALCO in concert“-Tour. Nach insgesamt neun Stationen durch Österreich, Deutschland und der Schweiz gab es im Wiener Gasometer ein umjubeltes virtuelles Comeback des Falken getragen von seiner ehemaligen Band und Star-Interpreten.

Ein Bericht von Amadea S. Linzer
Fotos: © Thomas Unger

Ist dieses Wien noch mein Wien?“ hörte man FALCOs Stimme zu Beginn aus dem Off fragen. Und die Antwort lautete eindeutig: Ja. Und wie!

Dass FALCO-Konzerte möglich sind, ohne dass FALCO selbst auf der Bühne erscheint, ist seinem ehemaligen Bandleader Thomas Rabitsch zu verdanken. Seit 2007 trommelt er jährlich im Feber seine Bandkollegen zusammen, die im großen Ensemble als „Die Goldfisch’“ zu FALCOs Gedenktagen im legendären U4 den viel zu früh Verstorbenen musikalisch auferstehen lassen. Dabei liefert die Falcoband den original Sound und eine Schar exquisiter Star Solisten der Wiener Pop-, Soul- und Musicalszene übernimmt den Gesang.

Thomas Rabitsch

Dass dieses Zusammenspiel mittlerweile auch vom Publikum so euphorisch angenommen wird, hat sich mit dieser Tour ein Mal mehr herauskristallisiert. Es braucht nicht nur spezielles gesangliches Talent, sondern eine eigene Herangehensweise an FALCOs Texte, damit sie dem generell kritischen Wiener Publikum, vor allem den eingefleischten FALCO-Fans auch wirklich unter die Haut gehen. Und das ist auf großer Bühne mit riesiger Video-Wall und elegantem optischen Konzept im Wiener Gasometer wunderbar gelungen.

Ein Klangkorpus aus Persönlichkeiten
Nach fast 20 Jahren sind die Goldfisch-Solisten mit eigenem Timbre und individuellem Stil in das unverwechselbare FALCO-Werk perfekt hineingewachsen und zwar ohne es zu imitieren oder sich damit übertrieben zu identifizieren. Sie sind nicht FALCO und doch bilden sie allesamt einen mittlerweile liebgewonnenen Klangkorpus seiner Musik.

Ihre Namen seien mit Respekt genannt: Tini Kainrath, Ana Milva Gomez, Edita Malovčić, Roman Gregory, Georgij Makazaria, Drew Sarich, Skero und Johannes Krisch. Diesen Hochkarätern gelingt das Kunststück, FALCOs Songs höchst individuell, gesanglich virtuos und zugleich dem Falken gerecht zu performen. Und ja, das ist großen Applaus wert.

FALCO on screen: Lichtbringer aus einer anderen Dimension
Die Magie dieses Konzerts ist aber einer höheren Kraft geschuldet. Über der irdischen Bühne schwingt sich FALCO von der Video-Wall ins Geschehen ein und lässt auch 40 Jahre nach seinem größten Erfolg mit „Rock Me Amadeus“ die Herzen höher schlagen. Man erlebt ihn in dieser Show nicht nur live performend aus früheren Konzerten (1993, 1994, 1985), sondern auch als „Lichtbringer“ aus einer wahrlich anderen Zeitdimension.

Ikone im Großformat
Gott-sei-Dank hat Thomas Rabitsch mit den Video-Zuspielungen bei dieser Produktion nicht gegeizt. FALCO hat sich Zeit seines kurzen Lebens nicht nur musikalisch, sondern auch im Großformat ikonenhaft inszeniert. Wo „FALCO“ am Programm steht, freut man sich deshalb nicht nur über seine Musik, sondern immer auch über seine visuelle Erscheinung. Mit diesen historischen Videos und Visuals arbeiten zu dürfen, ist ein Privileg seiner ehemaligen Band und ein Segen für das Publikum. Auf vielerlei Ebenen erlebt man hier etwas, das es so nicht mehr gibt. „Wer sich erinnert, war nicht dabei.“ Oder so.

Die Wiener haben das im Vorfeld gespürt. Seit Monaten war dieses Konzert ausverkauft. „FALCO in concert“ klingt noch immer so verlockend wie vor 40 Jahren, als der Leibhaftige damals (1985/1986) mehrmals hintereinander die Wiener Stadthalle füllte. Mittlerweile sind es drei Generationen, die sich von seiner Musik begeistern lassen. Obwohl es seit dem Ableben von Hans Hölzel (1998) hervorragende Tribute-Veranstaltungen gibt, markiert diese Produktion ein Highlight der posthumen FALCO-Events.

FALCO on Screen | Live mit Band

Das Wiener Publikum…
…ist aber für FALCO kein leichtes. Nach wie vor nicht. „Man muss für den Letzten in der letzten Reihe spielen und man darf sie keine Sekunde auslassen“, meinte er 1993. Anders als in Graz, wo das Publikum blitzartig euphorisch von den Sesseln gesprungen ist, brauchten die Wiener an diesem Abend vielleicht ein paar Minuten länger, bis sie sich mitreißen ließen. Aber dann war der Funke übergesprungen und die Stimmung ähnlich jener wie in früheren Jahren.

Klug komponierter Konzertbogen
Musikalisch führte der Reigen durch ein reiches, aber nicht zu üppig garniertes Menu, das natürlich die großen Hits umfasst (Rock Me Amadeus, Jeanny, Vienna Calling, Der Kommissar, Helden Von Heute) wie auch die weniger oft im Radio gespielten Songs (Nachtflug, Les Nouveaux Riches, Brillantine Brutal, Hoch wie nie.) Der Programm-Ablauf klug durchdacht, mit einer Mitsing-Version von „Rock Me Amadeus“ (1985) als Finale vor der Pause und „Sound of Musik“ als Finale zum Abschluss. Nach alter Tradition gab man als Zugabe „It’s all over now, Baby Blue“ performt von der großartigen Ana Milva Gomez.

Ana Milva Gomez | Foto:©J.Eulenhaupt

Mystischer Höhepunkt
Alleine diese Momente, wenn Ana Milva mit ihrer bauchigen Soulstimme diesen Dylan-Song im Duett mit FALCO on screen so hingebungsvoll intoniert, dann weiß man, dass Musik mehr ist als Klang. Abwechselnd sieht man sie im Lichtkegel, dann ihn dahinter in bedächtiger Pose während des Donauinselkonzerts. Ein Dialog der tiefen Emotionen. Alleine diese drei Minuten erzeugen eine ordentliche Gänsehaut, vielleicht sogar einen mystischen Höhepunkt der gesamten Tour, die ja auch mit dem 40jährigen Jubiläum des Albums „FALCO 3“ einher ging, auf der diese Nummer enthalten ist.

Auch wer vielleicht zum allerersten Mal ein „FALCO-Konzert“ besucht hat, bekam an diesem Abend das, was kein Musical und keine Doku liefern kann: die zwar inszenierte, aber vom Bauch her fühlbar authentische Energie des FALCO on stage. Dieses Charisma beeindruckt auch nach drei Jahrzehnten noch.

Ästhetik als Haltung
Die Show wurde seinem Spirit musikalisch und optisch gerecht. FALCO war ein Ästhet und so schwingt auch mit seinen Songs eine ästhetische Information mit. Dabei zeigen die unterschiedlichen Kurzzuspielungen, mit denen er das Bühnengeschehen visuell kommentiert ganz unterschiedliche Gesichter. Er hat sich ja jedes Jahr stark verändert und war extremen Transformationen unterworfen. Auch das wird sichtbar im Laufe dieser Show.

FALCO aus „Brillantine Brutal“ (1984) / Tini Kainrath

Wien sagt man ein besonderes Verhältnis zu seinen Verstorbenen nach. „In Wien musst‘ erst sterben, damit sie dich hoch leben lassen, aber dann lebst lang“, hat einst Qualtinger gesagt. Oder war es doch Alfred Polgar, who knows. FALCO wird dieser Satz zugesprochen und angenommen, er hat es so gesagt, dann war das eine klare Vision, die sich seit seinem 50. Geburtstag (2007) abzuzeichnen begann und nun mit dieser Produktion einen Höhepunkt erfährt.

Zwei Welten, ein Ritual
Das Zusammenspiel von FALCO on screen, der Originalband und den Top-Interpreten ist ein mittlerweile ein von der FALCO-Gemeinde nicht mehr wegzudenkender Fixpunkt, der jährlich im Feber im U4 gefeiert wird. Auf der großen Bühne ist es aber eine andere Dimension. Im wahrsten Sinne des Wortes. Man könnte sagen: Zwei Welten vereinen sich. Die Videozuspielungen auf dem großen Screen erweitern das Programm um eine mystische Aura. Wenn FALCO singend, lachend, schwitzend oder gestikulierend hinter den Scheinwerfen erscheint, ist das nicht nur ein Gag, sondern ein energetischer Akt. Das macht was mit den Leuten.

FALCO on screen (1994)

FALCO genießt es, präsent zu sein und zugleich nicht mehr physisch greifbar sein zu müssen. Das war im Grunde sein Wunsch noch zu Lebzeiten. Mit dieser Show ist er definitiv im Olymp der ewig Performenden angekommen. „FALCO in concert“ heißt übersetzt “FALCO still alive“. Das ist eine der Botschaften dieses Abends.

Vom Revival zur organischen Einheit
Bereits 2017 war dieses Programm auf der großen Bühne am Donauinselfest als Revival zu erleben. Damals mit internationalen Stars wie Gianna Naninni, Fettes Brot uvm. Aber damals waren die einzelnen Elemente (Musiker, Interpreten, FALCO on screen) noch voneinander getrennt nach dem Motto: Hier die Interpreten und dort oben der alles überstrahlende FALCO.

Mittlerweile sind die einzelnen Komponenten zusammengewachsen, bilden eine homogene Einheit und dennoch ist FALCO die Zentralsonne des Programms. Mit seinem Konterfei beginnt die Show und mit seiner Stimme endet sie. Dazwischen hat man ihn in allen Clips und Visuals wertschätzend in Szene gesetzt. Nicht einer der Interpreten stellt sich nur annähernd über ihn, obwohl sie alle Top-Interpreten sind und manche von ihnen in ihrem Genre selbst wahrlich Weltklasse. In diesem Ensemble ist auf der Bühne kein Ego sichtbar. Im Gegenteil. Da ist viel Respekt und Freude. Und das macht diese Show so sympathisch.

Nachwuchs im Rampenlicht: FALCO goes school
Ebenso sei erwähnt, dass drei außergewöhnlich begabte Sängerinnen des Nachwuchs-Talentewettbewerbs „FALCO goes School“ mit dem Song „Egoist“ in das Ensemble eingebunden wurden. Auch das spiegelt den Spirit des Hans Hölzel. Es ist durchaus denkbar, dass er in späteren Jahren von Herzen gern die Nachwuchsförderung unterstützt hätte.

Markus Spiegel / Edita Malovčić / Peter Vieweger

Berührende Würdigungen
Es mag ein Zufall gewesen sein, dass das Abschlusskonzert im Wiener Gasometer auf den Geburtstag von FALCOs Entdecker Markus Spiegel gefallen ist. Der gesundheitlich etwas angeschlagene Jubilar war vor Ort. Vor der Pause wurde er gemeinsam mit Thomas Rabitsch und Wolfgang Kosmata von der FALCO Privatstiftung für die besonderen Verdienste für den Falken mit einem Sony-Award ausgezeichnet. Ein berührender Moment, als 3000 Leute dem legendären Markus Spiegel ein lautstarkes „Happy Birthday“ entgegen schmetterten.

© Sony Music

40 Jahre später: Wundersame Wiederauferstehung
Und dann sei noch ein magisches Detail erwähnt. Das im Herbst 2025 neu aufgelegte Album „FALCO 3“ ist nach genau 40 Jahren wieder in den Albumcharts auf Nummer eins gestiegen. Man sieht FALCO förmlich grinsen bei dieser Frohbotschaft. Dass sich das rote Kultalbum nach wie vor so gut verkauft, ist ein Beweis für die Zeitlosigkeit von FALCOs Werk und auch ein Zeichen dafür, dass FALCOs Musik weit mehr als nur einen Zeitgeist bedient hat. Da schwingt eine Frequenz mit, die uns immer daran erinnern wird, dass wir als eingeborene Wiener auch als Weltenbürger ganz vorne mit dabei sein können.

© Barracuda Music

Die Show „FALCO in concert“ beweist eindrucksvoll, dass große Kunst keinen Körper braucht, um präsent zu sein. Sie braucht Haltung, Hingabe und den Mut zur Größe. Der Falke hat sie bis heute. Insofern ist es nach wie vor „sein Wien“ und bleibt es hoffentlich noch lange.


 

FALCO Band
Thomas Rabitsch (keyb), Bernhard Rabitsch (tr, acc.), Peter Vieweger (guit), Peter Paul Skrepek (guit), Robert Pistracher (b), Florian Holoubek (dr).

Ensemble (Solisten)
Tini Kainrath, Ana Milva Gomez, Edita Malovčić, Drew Sarich, Roman Gregory, Georgij Makazaria , Skero, Johannes Krisch und die 3 Falceas.

 


 

Fotos: Thomas Unger / Josef Eulenhaupt
Alle Event-Fotos (© Thomas Unger) zum Download => Fotos „FALCO in concert“

Text: Amadea S. Linzer