Artikel: Falco – Gestorben, um zu leben

Am 6. Februar 1998 starb Hans Hölzel alias Falco Der Popstar spielte zwei Rollen, er lebte zwei Leben. Eine Spurensuche, 20 Jahre nach dem Tod des Falken.

05. Februar 2018 – 09:51 Uhr
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„Check it out, da stimmt was nicht, der Herr.“ Irgendwann Mitte der 1980er-Jahre kommt es zum Streit zwischen Hans Hölzel und einem Kellner in der legendären Disco U4 – Falcos Stammlokal. Den Abend hatte der Falke wie üblich mit drei Falschen Rotwein begonnen, dann war er – wie üblich – auf Whisky umgestiegen. Der Kellner verrechnete drei Flaschen Rot und zwei Flaschen Whisky. „Wüst mi häkeln – des waren drei Flaschen Whisky!“ Anekdoten wie diese seines langjährigen Managers Horst Bork gibt es viele.

Anekdoten über die Kunstfigur Falco – exzessiv Drogen konsumierend, unausstehlich, beleidigend, „ein arrogantes Arschloch“ (Zitat Conny de Beauclair, legendärer Türsteher des U4) – gibt es viele. Aber auch solche über den schüchternen, höflichen, liebenswerten Hans Hölzel, den Monk, der seinen Schreibtisch penibel aufräumt und alle Utensilien im rechten Winkel anordnet.

Todbringende Eigenerfindung

Hans Hölzel hat Falco erfunden und seine eigene Erfindung hat ihn ins Grab gebracht. Seine Karriere, eine Fahrt auf der Hochschaubahn. Zwischen Welterfolgen („Amadeus“, „Kommissar“) gibt es künstlerische Abstürze („Junge Römer“), viele körperliche Blackouts und Hölzels große menschliche Tragödie, als sich herausstellt, dass seine Tochter Katharina gar nicht von ihm ist. Falco fühlt sich stets unterbewertet, künstlerisch missverstanden. Sein Ventil sind Drogen.

Bei Willy Dungl in Gars am Kamp bringt er seinen malträtierten Körper wieder in Schuss. Um abends völlig abzustürzen. Seine Ausfälle zwingen Dungl, ihn nächtens „auszugliedern“. Falco kauft eine Villa in Gehdistanz. Das Haus wird heute von der Falco-Stiftung verwaltet. Alles, was nicht verderblich war, steht seit Falcos Tod unverändert auf seinem Platz. Kaffeehäferl, Kassettenrekorder, Bühnenoutfits, ein Haarshampoo „Organics Haarwurzel Nähr“. Im Zimmer seiner Mutter Maria Stoffblumen. Das Haus unterhalb der Ruine Gars steht leer, einzig das Pfeifen der vorbeifahrenden Kamptalbahn durchdringt die Stille.

Als Falco stirbt, hinterlässt er rund eine Million Euro Schulden. Die sind längst getilgt, weil jährlich Tantiemen in sechsstelliger Zahl in die Stiftung fließen.

Mit „Amadeus“ gelingt Falco am 29. März 1986 der Sprung auf Platz 1 der US-Billboard Charts. Zuvor gibt er dem Song kein Hitpotenzial: „Ich singe das nur auf Druck des Managements.“ Den Sprung in die USA wagt er nie, ein Haus in L.A. verkauft er wieder, ein Duett mit einer gewissen Madonna lehnt er ab. Falco bleibt in Wien, weil: „De Amerikaner ham kan Schmäh.“

Vor Alkohol und Drogen flüchtet er in die Dominikanische Republik. Umsonst. Am 6. Februar 1998 stirbt der zugedröhnte Falco bei einem Verkehrsunfall. Die Textzeile „Muss ich denn sterben, um zu leben“ im posthum veröffentlichten Lied „Out of the dark“ wird zur selbsterfüllenden Prophezeiung.

Interview mit Markus Spiegel, Musikproduzent

Der 65-Jährige gründete Ende der 1970er-Jahre das Plattenlabel GiG Records und war der erste Manager von Falco.

1. Falco ist seit 20 Jahren tot. Wie geht es Ihnen in diesen Tagen?

Ich habe mir mein Bild gemacht. Das ist abgeschlossen. Und wenn ich ihn heute wieder zum ersten Mal hören würde, dann würde ich ihn wieder unter Vertrag nehmen.

2. Über Falcos Tod gibt es viele Mythen. Wie lautet Ihre Version?

Harte Drogen waren nicht das Problem, Alkohol war das wahre Problem. Wenn kein Kokain da war – ärgerlich, aber kein Drama. Alkohol war immer da. Daran ist er gestorben.

3. Falcos früher Tod war für Sie also erwartbar?

Ja. Er hat spaßhalber zu mir gesagt: „Markus, nur tote Künstler sind gute Künstler. Die können sich nicht wehren und bringen Tantiemen.“ Der Tod ist in dieser Branche ein verlässlicher finanzieller Multiplikator. Falco war eindeutig suizidär. Was immer er gemacht hat, es war ein Exzess. Er hat nie die Grenze erkannt.

4. Gab es denn keine Möglichkeit, das Schlimmste abzuwenden?

Vollkommen sinnlos. Er hatte, wenn er betrunken war, ein Jekyll-Hyde-Syndrom. Wenn er nüchtern war, habe ich ihn bewundert und sehr geschätzt, wenn er getrunken hatte, bin ich auf der Stelle weg.

5. Fand sich Falco bei all seinen Erfolgen zu wenig anerkannt?

Ja. Er hat sich als Teil der Moderne verstanden und fühlte sich als solcher unterschätzt.

 

Quelle: OÖNachrichten