Artikel: Falco starb, um zu überleben

LIFE-MAGAZIN | Artikel by Manfred Cobyn | 05. Februar 2022

„Ich werde alsdann in eigener hoher Person Ihnen complimentiren, Ihnen den Arsch petschiren“

Wolfgang Amadeus Mozart

Als Falco am 6. Februar 1998 von einem Bus zerquetscht wurde, war Hans Hölzel erst 41 Jahre alt und sofort tot. Am 19. Februar 2022 würde er seinen 65. Geburtstag feiern.

Ganz nüchtern dürfte das österreichische Ausnahmetalent an diesem Tag in der Dominikanischen Republik nicht gewesen sein. Wen die Götter lieben, haben auf dieser Welt wenig Zeit, doch Zeit genug, um etwas Bleibendes zu hinterlassen und das hat Hans Hölzel getan.

Er war immer Grenzgänger und hatte leider drei schlechte Freunde, Jack Daniels, Coca Pflanzen und Morpheus, den Gott der Träume. Zu Viert waren sie viele Jahre eine unschlagbare Truppe.

Schon sehr früh wollte er Popstar werden und hatte Talent. Begonnen hat er als Jazzbassist und tingelte durch Clubs in Westberlin. Wie wir alle wissen, war ihm der Name Hans Hölzl zu beliebig, es musste ein neuer her. Der DDR Skispringer Falko Weißpflog half ihm auf die Sprünge. Aus Hans wurde Falco.

Zurück in Wien spielte er bei einigen Arnachobands der späten 70er-Jahre Bass, doch die zweite Reihe war ihm zu unbedeutend. Er wollte ins Licht, ins Rampenlicht, kaufte sich einen Versace Anzug, gelte sein Haar und schrieb mit Hansi Lang seinen ersten Hit: “Gonz Wien”. “Kokain und Codein, Heroin und Mozambin machen uns hin, hin, hin.”. Damit traf er den Zeitgeist und sein Kontostand stieg enorm.

In seinem Körper schlugen zwei Herzen, manchmal pochte eines als Hans Hölzel, immer mehr aber als Falco. Die Bindung zu seinen drei falschen Freunden wurde enger. Er musste nun für fünf Persönlichkeiten Geld verdienen und das tat er. Erfolg ist für viele Menschen ein steiniger Weg. Mentale Stärke meist die Ausnahme. Es gibt keine Volkshochschule, wo man lernt, wie man mit all dem Erfolgsdruck als Künstler umgehen soll, um immer brav und anständig zu bleiben. So was gibts vielleicht für geldgierige Manager, allerdings ohne dem Schulfach “Anständig”.

Als ich Falco das erste Mal persönlich traf, hatte er ein Cut am Auge. Ich hab ihn darauf angesprochen, doch er lächelte nur cool zurück und gab keine Antwort. War auch sein gutes Recht. Geht doch niemanden was an. Ich war noch sehr unerfahren. Mit den Jahren trafen wir uns öfter und arrangierten uns mehr oder weniger. Freunde waren wir nie. Er hatte eine Bitte: “Fotografier net mei rechtes Ohrwaschel!”. Es war spitzer als das andere und es war ihm ein wenig peinlich. Kein Problem.

Sein Nummer 1 Hit in den amerikanischen „Billboard Hot 100“ Charts, mit der Nummer „Rock me Amadeus“ auf Platz 1 war Fluch und Segen zugleich. Der Fluch setzte sich durch.

Die Menschen wollten immer mehr von ihm und er lieferte ab oder hatte es versucht. Da sind wir wieder beim Erfolgsdruck. Wer möchte vor den Augen eines Millionenpublikums ausgequetscht werden wie Oliven. Er goß musikalisches Olivenöl in die tobende, wartende Menge, mehr oder weniger erfolgreich. Die Schulterklopfer wurden mehr und nach kurzer Zeit schließlich weniger. Es traf ein, was Falco immer befürchtet hatte. Niemand kann auf Knopfdruck ständig produzieren, was denen da draußen gefällt. Vor allem, wenn sie nichts kapieren. Warum haben sie ihn nicht in Ruhe gelassen, in ihrem Unverständnis und ihrer Blödheit.

Wie soll ein Künstler den plötzlichen Ruhm verarbeiten. Falco tat es, wie es schon viele vor und nach ihm es taten: Alkohol, Drogen und Tabletten – seine drei Freunde. Es funktioniert fast nie ohne. Leben nach aufgesetzten, Normen, die eine Gesellschaft vorschreibt, ist für Kunstschaffende kaum möglich. Immer sitzt der Teufel im Knack und übernimmt das Hirn. Entkommen ist fast nie möglich. Man ist ständig auf der Flucht und ein Getriebener. Junge Römer in der Fantasie-Welt helfen nie und nimmer. Hans und Falco haben sich der Welt gestellt, doch waren Lichtjahre Luxus vergeblich. Auch half der neu interpretierte Kommissar wie auch der Mann mit dem Koks nicht. Kokain macht dumm und dämlich, liebe Kinder, ich weiß es. Nicht den Nachtflug versäumen und vor allem nicht den Rückflug! Eine saubere Landung in eine verpuffte Welt ist angesagt.

Hans Hölzel waren vermutlich diese nörgelnden Kritiker und Neider nicht egal. Er gab sein bestes, doch vielen war das nicht gut genug. Die Presse schlachtete alsbald nur seine “psychischen Probleme” aus und diagnostizierte dümmlich aus der Ferne.

“Was ist er denn, was hat er denn, was kann er denn, was red’t er denn, wer glaubt er, dass er is.”, war seine Antwort an die braven Bürger, die ahnungslos durchs Leben trottelten.

Falco war Superstar, er war populär und exaltiert, because er hatte Flair und war ein Poet, ziemlich gaga, aber auch ziemlich leiwand.

Vielleicht würde er heute Poetry-Slam unterrichten, hätte noch ein paar Nummer 1 Hits in Amerika und würde lächelnd Journalisten pflanzen.


 

Quelle:

LIFE-MAGAZIN

Artikel by: Manfred Cobyn

Foto-Credits:
© Manfred Cobyn

 


Mit freundlicher Genehmigung des LIFE Magazin