Markus Spiegel, österreichischer Musikproduzent, feiert heute seinen 70. Geburtstag. Er hat Falco 1979 im Alter von 22 Jahren bei einem „Drahdiwaberl“ Konzert entdeckt und unter seinem Independent-Plattenlabel „GIG Records“ vermarktet. Er war für die Karriere von „Hans Hölzel“ eine Schlüsselfigur: In der damaligen Zeit der absolut richtige Mann am richtigen Platz.
„Falco wusste auf jede Ansage eine Antwort, er hatte immer das letzte Wort. Und das mit Stil. Deshalb kam er sehr gut mit Journalisten zurecht. Er wusste, womit er sie füttern musste, um in den Medien dauerhaft präsent zu sein.
Einen kurzen Moment lang hat Falco es geschafft, sowohl ein Massenpublikum als auch die kritische Intelligenz zu bedienen. Er war in den Feuilletons genauso Thema wie in der Bravo. Das konnte nicht ewig so weitergehen, und spätestens mit Amadeus gehörte der Sänger ausschließlich den tobenden Teenies.“ (Markus Spiegel)
Markus Spiegel ist nicht nur bekannt als Erkenner und Kenner vieler Talente, er ist selbst ein äußerst gewandter und kluger Formulierer. Bei ihm sitzt jeder Satz. Mehr noch: Jede Antwort ein sprachlicher Genuss. Es ist kein Zufall, dass Spiegel das Gesamtkunstwerk FALCO in frühen Jahren erkannt und unter Vertrag genommen hat.
Das folgende „ZEIT“ Interview aus dem Jahr 2008 ist eine Bestätigung für das Prinzip „richtige Begegnung zur richtigen Zeit“ und zugleich einer der besten Beiträge, um das Phänomen Falco/Hans Hölzel zu verstehen:
FALCO.NET LINK:
„Geschnitzt aus Bowies Rippe“
Interview mit Markus Spiegel (2008)
Es war 1979, als Plattenlabelchef Markus Spiegel den damals 22-jährigen Falco entdeckte. „Er war Bassist bei einem Konzert der Gruppe Drahdiwaberl in den Sofiensälen. Die Band war ein Geheimtipp und hat nur zwei-bis dreimal im Jahr gespielt. Da stand er, fesch wie der junge Alain Delon. Dann trat er hervor und sang ,Ganz Wien‘. Ich habe mich sofort verliebt, auf die Art, wie ich einen Künstler mögen muss, damit ich ihn glaubhaft vertreten kann“, erzählt Spiegel.
Ein Vertrag über drei Alben wurde unterschrieben, Produzent Robert Ponger bot Falco eine Komposition an, die Reinhold Bilgeri zuvor abgelehnt hatte: „Der Kommissar“ .
„Wir haben lange diskutiert und es schließlich als Doppel-A-Single herausgebracht zusammen mit ,Helden von heute‘. Was beim ,Kommissar‘ funktioniert hat, war der Kinderreim. Diese Einfachheit ist das Merkmal jedes Hits, auch abseits von Falco.“
Für den Künstler waren Weg und Image klar, als er Spiegel traf. „Die Kunstfigur hatte er bereits. War er Falco, war er unausstehlich, wenn er Hans war, war er ein außergewöhnlich sensitiver, gescheiter Mensch. Er hat als erster den lokalen Akzent bedient und gleichzeitig Anglizismen. Von dieser Nichtzuordnebarkeit hat er auch gelebt, und für die Musikindustrie ist es wunderbar, jemanden zu haben, der einzigartig ist und in keine Schublade passt.“
Als Falco 1998 bei einem Autounfall in der Dominikanischen Republik ums Leben kam, erfuhr Spiegel es aus dem Radio. „Drei Tage zuvor haben wir telefoniert. Er hat mir ,Out of the Dark‘ vorgespielt und wollte meine Meinung dazu hören. Die Zeile ,Muss ich denn sterben, um zu leben‘ hat mich nicht überrascht, weil der Tod zeitlebens ein Thema war für ihn. Beim Blödeln hat er oft gesagt: Nur tote Künstler sind gute Künstler, gell? Über den Tod hat er dauernd gesprochen wie der sprichwörtliche Wiener, der ständig mit dem Tod hadert. Für mich war es auf jeden Fall ein Unfall.“
Artikelausschnitt aus:
„50 Jahre Austropop: Protagonisten & Geheimnisse“
News-Magazin vom 16. November 2020.
Artikel-Foto: © Presse- und Informationsdienst (PID) der Rathauskorrespondenz Wien
Aufnahme anlässlich der Verleihung des „Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien“
an Markus Spiegel am 19.04.2018 im Wiener Rathaus.
Text & Redaktion: Amadea S. Linzer