Foto: © Amadea S. Linzer
Vier Saiten für den Kommissar
E-Gitarren von Musikern werden auf Auktionen gehandelt wie Kunstwerke und erzielen zum Teil erstaunliche Preise. Jetzt kommt in Wien der Fender Jazz Bass von Falco unter den Hammer. Zur Rarität macht ihn ein Detail.
Der Pionier des Deutsch-Rap war seiner Zeit schon immer ein wenig voraus. „Do wiast amoi vü Göd dafüa kriagn“ (auf Hochdeutsch: „Da wirst du einmal viel Geld dafür bekommen“) soll Johann Hölzel alias Falco seinem Freund Billy Filanowski zugeraunt haben, als er ihm 1983 zu dessen Geburtstag seinen E-Bass schenkte. Ob Falco da schon ahnte, welche Entwicklung die Preise für elektrisch verstärkte Gitarren aller Art auf dem Sammlermarkt einmal nehmen würden?
Es ist inzwischen keine Seltenheit mehr, wahnwitzige Summen für ein altehrwürdiges Instrument aus einer der legendären amerikanischen Herstellungsstätten hinzublättern – so erstand der Bluesmusiker und Gitarrenfetischist Joe Bonamassa im Jahr 2022 eine 1960er Gibson Les Paul, die jahrzehntelang im Schrank einer Britin verstaubt war, für schlappe 190.000 Dollar.
Im Fall von Falcos Fender Jazz Bass mit der Seriennummer S7 36205, um den bis zum 31. Januar bei einer Onlineauktion des Wiener Dorotheums geboten werden kann, spielt der ideelle Wert wahrscheinlich eine gewichtigere Rolle. Jedenfalls handelt es sich bei dem zweifellos schmucken Viersaiter mit seinem naturgemaserten hellbraunen Holzkorpus und den Perlmutt-Block-Inlays auf dem Griffbrett erst einmal nicht um eine viel gesuchte Rarität.
Dorotheum versteigert Falcos Bass
So gehört der von Falco gespielte Jazz Bass aufgrund seiner flexiblen Klangeinstellungsmöglichkeiten dank zweier Tonabnehmer und seines charakteristischen knurrigen Sounds zu den am weitesten verbreiteten E-Bass-Modellen. Während ältere Exemplare des 1960 vom Gitarrenbauer Leo Fender auf den Markt gebrachten Tieftöners durchaus hohe Preise erzielen können, stammt das von Falco an seinen Kumpel verschenkte Instrument erkennbar aus den 1970er-Jahren – also aus jener Zeit, als Fender sein mythisch verehrtes Unternehmen schon längst an den CBS-Konzert verkauft und der Markenname seinen Nimbus ein Stück weit eingebüßt hatte.
Der vom Dorotheum aufgerufene Startpreis von 10.000 Euro dürfte also in erster Linie die Aura des mit der Widmung „Für Bill von Hans, 15.11.1983“ versehenen Spielgeräts reflektieren. Schließlich begleitete das Instrument einen der wenigen international wirkmächtigen Pop-Künstler deutscher Sprache bei seinen ersten Karriereschritten. Falco setzte den Bass zwischen 1978 und 1983 bei den Auftritten mit der berühmt-berüchtigten Anarcho-Band „Drahdiwaberl“ ein.
Außerdem ist er im Musikvideo zu „Ganz Wien“, der ersten Solo-Single des Sängers, zu sehen. Nicht auszuschließen ist, dass der Österreicher auf dem Bass auch einen seiner größten Hits schrieb – schließlich basiert der 1982 veröffentlichte „Kommissar“ im Refrain auf einem Motiv des Funk-Bassisten Rick James.
Nur nicht muckerhaft wirken
Warum Falco im folgenden Jahr seinen ersten Bass einfach so weggab, verrät das Dorotheum nicht. Möglicherweise sah es ihm zu muckerhaft aus, mit einer Bassgitarre vor dem Bauch seine charakteristisch abgehackten Tanzbewegungen auszuführen (gleichwohl er in späteren Jahren, wie etwa beim berühmten Donauinselfest-Konzert 1993 in Wien, wieder regelmäßig in die dicken Stahlsaiten griff; allerdings in die eines Gibson Les Paul-Basses).
Sicher scheint nur, dass Falco schon bei der Geschenkübergabe 1983 ahnte, was zwei Jahre später mit „Rock Me Amadeus“ Wirklichkeit werden würde: Dass man ihn nicht als Bass-Virtuosen, sondern als weltweiten Superstar in Erinnerung behalten würde, der sowohl in den amerikanischen als auch in den britischen Singlecharts wochenlang auf Platz eins stand.
Entsprechend reliquienhaft behandelte der Beschenkte den Falco-Bass. Filanowski ließ den für das Präsent angefertigten Plexiglas-Kasten mit einem grauen Moiré-Stoff auslegen, der an einen von Helmut Lang designten Bühnenanzug für den heiligen Hölzel-Hans erinnern soll. Wer es lieber etwas artgerechter hätte: In Wien wird zudem ein Gitarrenkoffer versteigert.
Bleibt die Frage, in welchen Höchstgebots-Sphären sich das Instrument des 1998 im Alter von 40 Jahren verstorbenen Falco einfinden wird – in der E-Bass-Versteigerungskategorie führt momentan Paul McCartneys Yamaha BB-1200 aus dessen „Wings“-Zeit. Der ging 2021 für 496.100 Dollar weg. Für Falcos Instrument lag bei Redaktionsschluss ein Gebot von 45.000 Euro vor.
Quelle:
Artikel von Josef Engels | WELT.DE vom 30.01.2024