Falcos Friseur Erich Joham ist 72 Jahre – Ein Rückblick auf Falco Anekdoten

Erich Joham (* 17. Mai 1949 in Hadersdorf am Kamp, Niederösterreich) ist österreichischer Friseur und Kultfigaro, Aktionist und Erzähler in Wien.

(Foto: Wikipedia)

Joham machte seine Friseurlehre bei Adolf Ossig am Stephansplatz, wo er als Lehrling kaum Hand an Kunden legen durfte. Als angestellter Friseur des in den 80er Jahren bekannten Starfriseurs Werner Berndorfer in der Jasomirgottstraße nebst dem Wiener Stephansplatz und auch in einem Friseursalon in der Führichgasse in Wien, entwickelte er seinen Stil, mit vielen persönlichen Kunden und langer Verweildauer der Kunden im Salon. Seinerzeit, als ein guter Männerhaarschnitt eine Angelegenheit von 5 bis 10 Minuten war, eine krasse Umstellung und Anforderung an die Gelassenheit seines Publikums, wenn alles zusammen üblich Stunden dauerte.

Sein Markenzeichen ist ein Mix aus Kommunikation und Nichtkommunikation, und ein guter Haarschnitt ist dabei. Ein Friseur, privat, und als öffentliche Figur. Ab 1988 selbständig tätig, mit dem Salon „ER-ICH“ im Haus „Zum gelben Adler“ in der Griechengasse 7 der Wiener Innenstadt, als Nachbar des Filmproduzenten Alexander Schukoff. Er übergab seinen Salon im Frühjahr 2019 an Manuel Dobersek. Ein berühmtes Porträt Erich Joham mit Kämmen gestaltete der Kultfotograf Günter Parth.

Joham spielte in mehreren Theaterproduktionen meistens sich selbst zur Schau und wirkte auch im Film „Kottan ermittelt: Rien ne va plus“ mit. Er nahm 1989 mit der Werbetexterin Andrea Jilik unter dem Pseudonym „Eric & Hilda“ bei GIG Records eine Maxi-Single mit mehreren Versionen des Synthiepopsongs „What is Love?“ auf. Dazu wurde auch ein Musikvideo produziert:

 

Am 4. September 2013 wurde Erich Joham im Wiener Rathaus vom Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny das Silberne Verdienstzeichen des Landes Wien überreicht:

Letztes Jahr hast du das silberne Verdienstzeichen der Stadt Wien bekommen—wofür eigentlich genau?

Ich weiß das auch nicht! Ich hab einen Verdacht, wer mich dafür vorgeschlagen hat, würd die aber nicht fragen. Die eigentliche Frage ist ja „warum nur das Silberne?“ Das ist ja unter meiner Ehre! Das ganze Event war ja kabarettreif, ich bin als Häupl verkleidet gekommen und meine Schwester hat sich zuerst geärgert, dann hat es ihr aber gefallen. Aber das Kreuz hat mir eh der Stadtrat Pokorny gegeben, vielleicht kann der Häupl ja auch mal als Erich kommen, und ich verleih ihm dann das Goldene!

Erich Joham verkleidet als Michael Häupl, im Hintergrund: Peter Paul Skrepek, Gitarrist von Falco

(Foto: Stefan Joham)

Das silberne Verdienstzeichen wurde ein paar Jahre zuvor auch an den Conny (de Beauclair, Anm.) und auch an Stefan Weber verliehen. Ist das dann eine Ehre?

Nein, das war ein Klamauk und peinlich auch noch! Ich hab mich gefreut, dass fast alle die ich kenne da waren, also war’s eh lustig, und das Begräbnis wird dann wahrscheinlich auch lustig werden! Wozu es gut war weiß ich nicht. Früher hast du ja auch noch was bekommen zusätzlich zum Orden! Ein Brennmaterial nach dem Krieg oder sowas, aber man kriegt heute nichts mehr! Ich kann’s mir auf den Christbaum hängen. Der Pokorny hat seinen Spaß gehabt weil dem eh immer fad ist, die Musiker waren aber arm dran, die wirkten richtig deplatziert. Ich wollt mir ja Freunde aussuchen, die spielen, das ist aber von Amtswegen her auch nicht gegangen.

(Interview-Auszug: „VICE“ Interview vom 25.09.2014)

Gerald Matt, Direktor der Wiener Kunsthalle in deren besseren Zeiten, skizziert präzise das Phänomen Erich Joham folgendermaßen:

„Er ist nicht nur der Friseur Wiens. Erich ist Impresario und Dompteur einer Schar von Paradiesvögeln, die auf ihren Wanderungen durch das Leben bei ihm Rast machten, sich an seinen wunderbaren Anekdoten labten und gleichzeitig ihre Geschichten als Stoff für seine Phantasie zurücklassen. Und das ist das Wichtigste: Erich ist ein Freund“

So war auch FALCO, allerdings privat, als Hans Hölzel, Dauergast in Johams Haarschneiderei und hinterließ einige Anekdoten, von denen Erich Joham in den folgenden Interviews erzählt:


 

Star-Friseur Erich Joham im Interview über Falco

 


 

Star-Friseur Erich Joham im Interview mit Beatrice Egli über Falco

 

 

ZDF-Dreharbeiten bei FALCOs Grab am Wiener Zentralfriedhof:

(Foto: Conny de Beauclair)


 

INTERVIEW:

„Wiener Originale: Erich Joham Superstar“
Wir sprechen mit Star-Figaro Erich Joham
über seinen berühmten Friseursalon und seine Beziehung zu Falco

(Auszug aus einem „VICE“ Interview vom 25.09.2014)

 

Falco war ja ein gern gesehener Kunde bei dir im Salon. Wie würdest du euer Verhältnis beschreiben. War er anders, als in der Öffentlichkeit?

Er war ja in der Öffentlichkeit, wenn er bei mir war! Nur die Leute haben’s nicht gewusst! Die haben geglaubt, er ist ein Wella-Vertreter, weil er so neu ausgeschaut hat. Weil er so glücklich war und schlank und braun und einen Höhepunkt gehabt hat und Schallplattenmillionär war. „Wieso sagst mir nicht, dass das der Falco war?“, haben meine Kunden gesagt. „Das war nicht der Falco, das war der Hansi Hölzel“, hab ich dann gesagt. Wie oft hat man den Leuten einbläuen müssen, dass das eine Kunstfigur war, die er sich selber geschaffen hat. So wie der David Bowie, und auf den ist er ja gstanden, wer nicht! Weil „Junge Römer“ geklungen hat wie „Let’s Dance“, haben’s zu ihm gesagt, dass das nach David Bowie klingt. Hat er gesagt: „Na Oida, kennst an Besseren?“ So gesehen ist er schon untergetaucht bei mir, ist auch ganz gern in der Küche gesessen und hat Micky Maus-Heftln gelesen. Der Wolf Wondratschek, der ein Buch über mich geschrieben hat, hat mich einen Ein-Mann-Indianerstamm genannt, und der Falco war auch so einer. Er hat ja auch nix hinterlassen! Außer der Musik. Aber die gibt’s ja noch immer. Und alles andere war ja nur Schall und Rauch, was er auch selber gesagt hat. Zu mir hat er immer gesagt: „Erich, nimm das Leben nicht so ernst“. Der Hans war ja sehr intelligent, im Gegensatz zu anderen.

Und war er anders, als in der Öffentlichkeit?

Anders als in der Öffentlichkeit war er sicher bei mir, weil das Vertrauenssache war, dafür hat er sich meine Blödheiten anhören müssen. Er hat aber immer versucht, zu dominieren. Kaum war er im Raum, hat er das Sagen gehabt. Er hat keinen Blödsinn geredet, war aber nicht unanstrengend für Produzenten und solche Leut.

Und wie blickst du nach seinem Tod darauf zurück?

Heute wird auch soviel Blödsinn über ihn geredet, weil er sich nimmer wehren kann, und das find ich gemein. Eigentlich ist ein Teil von mir gestorben und ich bin sehr traurig, dass er nimmer lebt. Er hat mir auch einen Teil der Angst vor dem Tod genommen. Verunglücken werden wir eh alle. Dass er gestorben ist, stört mich, ich hätt ihn noch gebraucht. Er hat uns verlassen, das ist die Frechheit und deswegen bin ich traurig und beleidigt. Er hätt noch ein paar gute Sachen rausbracht, und er hat auch nicht Erich oder er-ich oder so zu mir gesagt, sondern Figaro Enrico. Auf einer Platte von ihm steht ja hinten drauf, dass er dem Figaro Enrico und dem Mister Jack Daniels dankt.

 

Ein Szene-Ort von damals war ja auch das U4. Was hat das U4 von damals ausgezeichnet, und gibt es sowas heute noch? Oder war das auch die Zeit damals?

Ja, aber die U4 kennen’s. Die U-bahn. Der Ossi Schellmann hat angefangen mit den Clubbings, und das U4 war ja ein Lokal mit Live-Gruppen. Und das war ja der Aufbruch der Geschmacklosigkeit der 70er. Das hat mit den radikalen Forderungen der Hippies zu tun. Die 70er hat man durchgedrückt damit ENDLICH die 80er ankommen und das U4 war natürlich zur gegebenen Zeit der gegebene Ort. Das war eigentlich eine schirche Kommerzhüttn, man hat sich die richtigen Leute geholt, zum Beispiel den Conny, und hat dann die Zeit dort überbrückt. Es gab ja noch Zeiten wo wir den ganzen Tag im U4 waren, der Conny kann das bezeugen. Der ist ja meine zweite Trixi. Hab ich dann aber auch meiner Frau gesagt: „Sag’s ihr jetz, der Trixi, wo ich war!“. Wenn ich nicht daheim war, war ich im U4.

Und gibt’s sowas heute noch?

Jaja das gibt’s schon noch, aber auf anderen Plätzen mit anderen Voraussetzungen und andere Leuten. Die hätten damals vielleicht ein U3 oder U5 machen können! Und dort treffen sich die jeweiligen Leute dann wie damals. Das ist wie ein Münzenverein oder die Briefmarkensammler. Am Donnerstag spielt’s 70er-Musik, oder 80er Jahre-Musik am Samstag … Das ist ja jetzt auch so in verschiedene Tage eingeteilt. Nachdem da aber auch das Gedächtnis im U4 sitzt, wird’s das U4 immer geben. Aber vielleicht hat’s den Höhepunkt schon überschritten. Unserer kommt erst! Mit 70 vielleicht. Da werd ich dann den ersten Flagship Store aufmachen und den Conny stell ich mir vor die Tür.

Hat der Erfolg vom U4 auch was mit einer bestimmten Subkultur zu tun?

Ja, aber die Zeit vergeht so rasch. Dann gibt’s auf einmal Clubs mit Partys für 30+ und 40+, aber danach wird’s schon gefährlich, da muss man ja schon aufhören. Da muss dann schon das Altersheim abbrennen, damit wir uns noch alle treffen!

Das VICE Interview mit Erich Joham führte Arian Aranyos.


Quellen und weiterführende Links:

Wikipedia

Daria Simon

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