Das Interview erschien am 01.10.2018 in der Frankfurter Allgemeine Zeitung. Im Folgenden der Auszug mit den Passagen über Falco:
Haben Sie eigentlich ähnliche Erlebnisse mit Falco gehabt, dem anderen großen Austro-Pop-Export?
Eberhartinger:
Thomas hat etliche gehabt, ich nur eines, kurz vor dem Tod in seiner Küche. Da hat er mir gesagt (ahmt Falcos Schnöseln nach): „Seid’s froh, Ihr seid eine Band. Wenn Du allein bist, isses ned einfach. I muss aufpass‘n, I trink‘ zu viel.“ Da hab ich ihn gefragt: „Und was ist mit dem Koksen?“ Und er: „Na ja, schon, schon, muss `ma einschränken, keine Frage! Aber alles kann man ja nicht weglassen!“ Kurz vorher hatte er „Out of the dark“ aufgenommen, da kam er von Ö3, die fanden das scheiße. „Jetzt kann ich wieder zurück in die Dominikanische Republik und alles neu machen“, hat er gesagt. Und ein paar Wochen später stirbt er und der Song wird Nummer eins. Ist das nicht verrückt?
Spitzer:
Verrückt war auch, wie viele Freunde Falco danach plötzlich wieder hatte.
Eberhartinger:
Wir haben nach seinem Tod den alten Song „Wann man geh’n muss“ umgetextet, der eigentlich für den früheren Bundespräsidenten Kurt Waldheim gedacht war (rappt wie Falco): „Es war 1985 und es war in Wien / ein großer Teil der Österreicher liebte ihn / Er war so exaltiert, er war so populär / In Österreich muss man sterben, dann is‘ mer wieder wer.“ Die Leute haben uns das sehr angekreidet, dabei war es genau das. Diese Verlogenheit im Umgang mit ihm. Als Falco beerdigt wurde, hab ich beschlossen, dass ich nie wieder zu einem Begräbnis gehen werde. Das war so augenscheinlich, wie sich die „Trauernden“ da selber abfeiern.
Spitzer:
Falco und wir waren damals ja bei derselben Plattenfirma, und nach seinem Tod hat die eine Veranstaltung in Köln gemacht. Im Marriott wurde schon schwer champagnerisiert, da habe ich gefragt, was es denn eigentlich zu feiern gibt. Da sagte einer: Falcos Tod war das Beste, was uns passieren konnte, jetzt verkaufen wir den Scheißdreck endlich. Und Euch sollte man eigentlich auch einen Bus schicken! Es war makaber.
Herr Spitzer, Sie waren mit Falco befreundet…
Spitzer:
Ja, wir hatten lange Jahre intensiven Kontakt, er hat oft bei mir übernachtet. Er war einer der unsichersten Menschen auf der Welt. Nach außen hat er eine Mauer gebaut mit der coolen Ray Ban und seiner Arroganz, aber innen war er wie ein verwundetes Reh. Mit Antidepressiva geht es leichter, hat er oft gesagt. Aber die Verlogenheit im Umgang mit ihm war krass. Als er für die Öffentlichkeit das arrogante Arschloch war, haben sie ihm gesagt, Du musst jetzt ein bisschen volksnäher werden. Da ist er in Schulen und Jugendsendungen gegangen, er dachte: Wenn Ihr mich nicht arrogant wollt, dann komm ich halt zu Euch! Aber dann hieß es in Österreich plötzlich: Der Falco ist kein Star mehr, der kommt ja zu jedem! Er wusste nie, wie er es richtig machen soll.
Interview von MARTIN BENNINGHOFF und OLIVER GEORGI
LINK: Frankfurter Allgemeine Zeitung