Retrospektive: FALCO in der FM4-Sendung „Tribe Vibes“ 1996

Heute vor 25 Jahren…

Am 25.4.1996, wurde im Rahmen der FM4-Sendung „Tribe Vibes“ ein legendäres Interview mit Falco aufgezeichnet. Heute, nach 25 Jahren holen wir diese Perle wieder aus dem Archiv und beleuchten sie aus der Retrospektive:

 

Teil der damaligen Talk-Runde waren Radiolegende Werner „Demon Flowers“ Geier (FM4), Milo, Burstup, Peman von der Gruppe Schönheitsfehler und der damals noch Texta angehörige Skero.
„Der Falke war gut gelaunt und wie immer stylish gekleidet – Fransenjacke aus Leder plus Baseballkappe“, erinnerte sich der selbst viel zu früh verstorbene Werner Geier Jahre danach.

Tatsächlich fällt dieses Falco-Interview in der Reihe seiner TV-und Radio-Auftritte in bemerkenswerter Weise aus der Reihe. Zum einen ist es ein Live-Gespräch, das erst einige Jahre nach seinem Tod wieder entdeckt wurde, zum anderen erleben wir hier einen Falco, der sich im locker-lässigen Plauderton den Fragen von Kollegen der jüngeren Hip-Hop-Generation stellt und dabei ganz klare methodische Aussagen über seine eigene Arbeit macht.

Auch wenn der „Kommissar“ wegweisend für den weißen Rap gewirkt haben mag, so ist das Gesamtwerk Falcos eindeutig im Genre Pop angesiedelt als anderswo.

Mit lockeren aber bestimmten Worten unterstreicht Falco diese Haltung hier. In guter Laune erzählt er von seinen Anfängen, erklärt seine mehr rhythmisch-praktikable als konzeptionell-intellektuelle Herangehensweise ans Texten, weist auf seine eigene, im Grunde instinktive Überwindung der Sprachgrenzen zwischen Deutsch und Englisch und überrascht die jungen Kollegen mit einer viel mehr kollegial freundschaftlichen Haltung, als die es von ihm erwartet hätten.

Im Anschluss des Gesprächs sagt Werner Geier: „Ich muss ehrlich sagen, wir dachten uns, er wird daherkommen und völlig ausgespaced etwas daherlabern. Aber Respekt, nette Show!“

Hier die Kernaussagen zum Verständnis von Falcos Frühwerk. In diesem Statement bringt er es selbst mit eigenen Worten auf den Punkt:

Werner Geier: „Jedenfalls freuen wir uns, dass du da bist. Gestern noch auf deutschen Show-Bühnen, jetzt im Kohlenkeller von Tribe-Vibes. Die Idee ist, den Uradl des österreichsichen Hip-Hop, Herrn Falco, mit der New- oder Now-School zusammenzubringen.“

😎 FALCO: „Werner, pass auf, des stimmt im Ansatz schon mal ned!“

Werner Geier: „Warum?“

😎 FALCO: „Na weil i immer Popmusik gmocht hob und net Hip Hop. Also Hip Hop hat von seiner gesellschaftspolitischen und sozialkritischen Geschichte her nie was mit mir zu tun gehabt. Ich hab das nie wirklich so empfunden, wie es dann mit dem Hip Hop eigentlich gekommen ist, verstehst…

I hob den Kommissar ned aufgnommen, weil i Hip-Hop hab machen wollen, sondern weil i ma dacht hab, ah es ist irgendwie geil, deutsche Sprache zu rappen. Das hat no kana gmocht und als Rhythmiker, Bassist, Schlagzeuger und anaolg gelernter Musiker kann ich das irgendwie und des is reingangen, dass i mir docht hob: Jo, Moment!

Aber mit der politischen Aussage des Hip Hop in dem Sinn hab i genauso wenig zu tun wie mit der Kunstfigur, die mir immer angedichtet worden ist, weil i hob nix anderes gmocht, als ma die Hoa unter die Wossaleitung ghoitn und ma den anzigen Anzug anzogen, den i von da Hallucination Company ghobt hob.“

 

Indirektes Bekenntnis als Sprachpoet:

😎 FALCO: „… I glaub, was wir gemacht haben, Anfang der Siebziger, Anfang der Achtziger-Jahre und jetzt bei euch, ist, dass wir der Popmusik, oder wie ihr es immer nennen wollt, nennen wir es gute Musik, eine neue Dimension insofern gegeben haben, dass es nicht mehr darum geht, jedes Wort zu verstehen, sondern, dass es darum geht, wie die Groove rüberkommt, welche Vibes da rüberkommen und wie es ganz einfach ankommt.
Ich hab mich nie darum gepfiffen, ob man da jetzt versteht: „Wir treffen Jill und Joe und dessen Bruder Hip…“ i hob mi immer nur bemüht, ohne jetzt Literat sein zu wollen, dass das dann auch gelesen nach etwas ausschaut.
Aber im Prinzip ging es mir eigentlich immer darum, dass das mit der Musik gut rüber kommt und ein bestimmtes Gefühl im Bauch auslöst. Ich bin überhaupt dagegen, dass man Fragen, die aus’n Bauch kommen, aus dem Hirn versucht zu antworten.“

 

Text & Redaktion: Amadea S. Linzer

 

Das Bild zeigt Falco im Jahr 1996 im Outfit mit der zitierten Fransenjacke.

Info: RMA/Notes! (Ausgabe 04)