Zwei ziemlich unterschiedliche Erinnerungen (Nachschauen auf YouTube war nicht erlaubt) an ein und denselben Auftritt des Hans Hölzel 1993 auf dem Donauinselfest:
Unser Woodstock
von Oliver Pink
Falco war furchtbar. Eine exaltierte Nervensäge. 80er-Jahre-Mainstream-Pop mit Rap-Elementen. Und 1993 hatte er seinen Zenit auch schon weit überschritten. Draußen in der Welt spielte es Grunge, Britpop, echten Hip-hop. Falco war schon irgendwie auf dem Weg zu „Radio Wien“.
Und dann war da auf einmal dieses Konzert auf der Donauinsel. Gratis-Konzert eines alternden Popstars. Keine großen Erwartungen. Schauen wir halt auch noch mal vorbei vor dem Heimgehen. Und dann das: Rock ‘n‘ Roll! Richtige Musik. Laut, rau, räudig. Die Pop-Nummern aus dem Radio kommen auf einmal so ganz anders daher. Neu interpretiert, improvisiert. Kraftvoll, lässig, überwältigend. Auch ohne Gewitter, das es dann als Zugabe mittendrin auch noch gab. Da zeigt einer, was er alles kann. Da steigert sich einer – und seine Band – in einen Spielrausch hinein. Nichts wirkt einstudiert, alles authentisch. Musik aus dem Bauch heraus. Komme was wolle (ein Gewitter), als gäbe es kein Morgen.
Ein großer Musiker. Ein großer Moment. Das „Woodstock“ des Neunzigerjahre-Österreich.
Alle waren dort. Nur Falco nicht
von Florian Asamer
Wann immer vom Donauinselfest im Allgemeinen die Rede ist, kommt dieselbe fast zwangsläufig auf den „legendären“ Falco-Auftritt von 1993. Der Tenor der stolzen Dabeigewesenen: sehr, sehr leiwand war er – trotz bzw. wegen Gewitter und Tonausfall. Doch nur weil das alle sagen, wird es auch nicht wahrer.
Erstens: Falco war – vorsichtig formuliert – über seinem Zenit. Aus der coolsten Sau, die Wien bis heute hervorgebracht hat, war ein abgehalfterter Falco-Darsteller geworden.
Zweitens: Musikalisch hatte Falco nicht primär das auch noch 2018 gültige gute Junge Römer/Einzelhaft-Zeug im Gepäck und nicht einmal das zumindest kommerziell bis heute unübertroffene Falco 3-Material. Nein, Titanic, Emotional, Wiener Blut, Nachtflug und Data de Groove mussten wir hören.
Drittens: Der Sound war wie die Stimme Falcos schon vor dem Blitzeinschlag in der Tonanlage mehr als unter Wasser.
Viertens: Der Wolkenbruch und das waschelnasse Ausharren war das einzig Legendäre an diesem Konzert, es hätte auch Reinhard Fendrich singen können.
Fünftes: In diesem Sinn war’s freilich legendär. Der Falco, wegen dem ich gekommen war, war allerdings nicht dabei.
Artikel erschienen am: 22. Juni 2018
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