DOCH EIN MUSICAL
Die Vorpremiere von „F@lco – A Cybershow“ löst Paulus Mankers Ansprüche nicht ein.
Das Publikum wirkte begeistert und sparte nicht mit stetem, spontanem Zwischenapplaus. Ja, einzelne Auftritte in der Vorpremiere von „F@lco – A Cybershow“ waren tatsächlich bemerkenswert: jener von Hansi Lang etwa; jener, in dem Hauptdarsteller André Eisermann „Europa“ auf einem aufsteigenden Podest interpretierte; und jener der beiden Wiener Jungberserker Georgij Makazaria und Roman Gregori, die mit Industrial-Gebolze, heftigem Gebrüll und Jello-Biafra-&-D.O.A.-Zitaten vor allem jene Ohren etwas bürsteten, die ins Ronacher getragen worden waren, um ein Musical zu hören.
Dazwischen war es aber leider doch ein Musical. Ein schräges Musical zwar – ein Musical mit dem Anspruch, eine etwas abseitigere Geschichte (Joshua Sobol) zu erzählen, ein Musical mit beeindruckenden technischen Spezialeffekten, mit tollen Kostümen (Max Wohlkönig), einer ausladenden, wandlungsfähigen Bühne (Hans Hoffer), einer echten Rockband und Hauptdarstellern mit Charakter; aber dennoch ein Musical. Es wurde, wie man es von einem Musical erwartet, vielstimmig in Chören jubiliert, effizient der gesamte verfügbare Raum formationsvertanzt, reichlich lasziv bestrumpfte Frauenbeine in alle Richtungen geworfen und spektakulär outriert. Paulus Manker löste seinen Anspruch, mit seiner F@lco-Show „kein Musical!“ auf die Bühne zu bringen, leider nicht ein.
Man soll ein Stück nicht schon bei seiner Vorpremiere endgültig kritisieren (die Premiere fand erst nach profil-Redaktionsschluss statt, und vielleicht wird ja noch alles besser), aber streckenweise wirkte F@lco so bemüht und trashig wie eine ambitionierte Schultheater-Aufführung: Ja, alle waren mit Enthusiasmus bei der Sache, doch, an Effekten und Ideen wurde nicht gespart. Aber da liegt auch das Problem. F@lco will ein Hybrid sein, der sich in den verschiedensten Genres bedient – bloß bleibt dabei jedes Genre auf der Strecke: Manker möchte ehrlichen Rock auf die Bühne bringen – aber dafür ist F@lco zu theatralisch. Manker möchte aufregendes, anrührendes Theater machen – aber dafür legt F@lco zu viel Wert auf den schönen Schein. Manker möchte echte, originale Persönlichkeiten wirken lassen – aber denen stolpern in F@lco konstant hübsche, austauschbare Singtänzer in die Aura.
F@lco hat ein paar große Momente – das angekündigte große Ereignis blieb vorläufig aus.
Quelle: PROFIL 14/2000